Die Corona-Pandemie hat im vergangenen Jahr alle Lebensbereiche gründlich durchgerüttelt. Sie machte natürlich auch nicht vor den Medien halt. Im Europäischen Zentrum für Minderheitenfragen in Flensburg (European Centre for Minority Issues, ECMI) wurden die Medien der nationalen und ethnischen Minderheiten in Europa über ihre Lage im Jahr 2020 befragt. Darunter auch unsere Zeitung. Es ist wenig überraschend, dass die Covid-19-Pandemie einen bezeichnenden Einfluss auf Medien in Minderheitensprachen in ganz Europa hat. Die im Frühjahr 2020 eingeführten Lockdown-Maßnahmen haben die Gesellschaftsstruktur verändert und eine Reihe von Herausforderungen für Medien in Minderheitensprachen geschaffen, vor allem in Bezug auf Finanzen, Logistik und Inhalte.
Die beiden Wissenschaftler des ECMI, Dr. Sergiusz Bober und Craig Willis, haben eine Reihe von Experteninterviews aus den Sprachräumen zehn verschiedener Minderheiten in Europa konzipiert und herausgegeben, um die Auswirkungen der Pandemie und der daraus resultierenden Lockdowns zu untersuchen. Die Interviews decken eine Vielfalt von Fernsehen, Radio und Zeitungen ab.
Einfallsreiche Lösungen Die baskische Tageszeitung „Berria“, die schwedische Zeitung in Finnland „Hufvudstadsbladet“ und „Der Nordschleswiger“ der deutschen Minderheit in Dänemark berichteten während der ersten Monate der Lockdowns von steigenden Userzahlen ihrer Online-Auftritte. Neben zunehmendem Interesse an Nachrichteninhalten gingen jedoch in vielen Fällen die Werbeeinnahmen zurück. Dies war für private oder nur teils subventionierte Zeitungen besonders problematisch. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, in denen Sendungen in Minderheitensprachen ausgestrahlt werden, waren hiervon weniger betroffen.
Die Auswirkungen auf nicht-nachrichtenbezogene Inhalte waren gemischt. Viele Kultur- und Sportveranstaltungen wurden abgesagt, sodass die beliebtesten Inhalte von Medien in den Minderheitensprachen sanken. Dies führte bei einigen Zeitungen zu vorübergehenden Kürzungen der Seitenzahlen sowie zu geringeren Zuschauerzahlen bei Fernsehsendern, denen neue Inhalte ausgingen. Dennoch wurden einfallsreiche Lösungen gefunden, darunter nutzergenerierte Inhalte und ein besonderer Fokus auf die Frage, wie Minderheiten unter den Lockdowns zurechtkommen. Dies konnten auch die Leser des „Wochenblatt.pl“ sehen, da wir uns im ersten Lockdown auch die Frage gestellt haben, wie es nun für die Deutschen in Polen weitergehen soll. „Wir haben ebenso die Beziehungen zwischen Minderheit und Mehrheit untersucht. Zwar gab es einige positive Beispiele für zweisprachige Pressekonferenzen, doch war dies nicht die Norm. In einigen Kontexten wurden offizielle Informationen zur Pandemie nicht in der Minderheitensprache übermittelt, zum Beispiel im Friesischen“, sagt Dr. Sergiusz Bober.
Auch logistisch betrachtet stellten die Lockdowns viele Herausforderungen dar, insbesondere hinsichtlich der Berichterstattung und der effizienten Verteilung. In der Folge gingen einige Zeitungen für einige Monate vollständig online. Darüber hinaus wandten sich einige Redaktionen an ihr Publikum, um Nachrichten aus Gebieten zu liefern, die für Journalisten nicht zugänglich waren. Schließlich wurde das Arbeiten von zu Hause in allen Medienformen zur Norm. Die Interaktion mit sozialen Medien ist allgemein gestiegen. In einigen Fällen begann auch die Mehrheitsbevölkerung oder die der Heimatstaaten, Medien in Minderheitensprachen zu konsumieren. Außerdem wurden soziale Medien auf erfindungsreiche Weise genutzt, um Gruppen in Minderheitensprachen zu kreieren, sowohl für Freizeitaktivitäten unter den Lockdowns als auch zum Vertrieb von Informationen über die lokalen Auswirkungen der Pandemie.
Chance für Medien Die Covid-19-Pandemie bringt sowohl Herausforderungen als auch Chancen für Medien in Minderheitensprachen mit sich. Die prekäre finanzielle Lage stellt nach wie vor eine existenzielle Bedrohung dar, insbesondere für nicht-öffentlich-rechtlich finanzierte Printmedien. Dies kann letztlich Auswirkungen auf ganze Minderheitengemeinschaften haben, da sie auf begrenzte Medienquellen angewiesen sind. Kleinere sprachliche Minderheiten könnten somit jegliche Medien in ihrer Sprache verlieren. Dies kann dazu führen, dass das Interesse an Minderheitensprachen abnimmt oder sogar die Erhaltung der sprachlichen Vielfalt Europas in Frage gestellt wird.
Die Fälle, in denen Beamte oder Institutionen während der Pandemie nicht bereit sind, in Minderheitensprachen zu kommunizieren, stellen einen weiteren Grund zur Sorge dar. „Minderheitensprachen und -medien sollten in Krisensituationen nicht übersehen werden“, meint Dr. Sergiusz Bober, sagt aber auch: „Gleichzeitig unterstreichen die steigenden Zuschauerzahlen, die sozialen Medien und das zunehmende Interesse von Nichtminderheitengruppen die Qualität der Medien in Minderheitensprachen und ihr gemeinschaftsbildendes Potenzial. Die innovativen Inhalte, die während der Lockdowns produziert wurden, sind Beweis für ihre Kreativität und Anpassungsfähigkeit an herausfordernde Situationen“.
Der Fokus dieses Forschungsprojektes lag in der ersten Auflage auf zehn Sprachräumen, hauptsächlich in den wohlhabenderen Gebieten Europas. Daher planen die Forscher, die Analyse auf Mittel- und Osteuropa sowie auf die zweite Welle von Lockdowns auszudehnen. „Eines ist jedoch schon jetzt sicher: Medien in Minderheitensprachen haben ihre Bedeutung während der Pandemie bewiesen und verdienen, dass ihre finanzielle Zukunft von den Behörden in allen europäischen Ländern gesichert wird“, sagt Dr. Bober. ru
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